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Tag: Heidegger

Sein & Zeit Podcast

by Phil Eulenspiegel

Seit dem 13. September veröffentliche ich zusammen mit Ralf einen Podcast über Martin Heideggers „Sein & Zeit“. Wir lesen das Buch Paragraphen für Paragraphen und besprechen das Gelesene anschließend. Falls Interesse an diesem Projekt bestehen sollte; der Podcast findet sich unter:

https://seinundzeitpodcast.wordpress.com/

Auf Wiederhören.

Das ist der Holzweg, er führt zu den Quellen

by Phil Eulenspiegel

Ich lese momentan (jetzt endlich) das erst kürzlich erschienene Buch namens „Quellen, Ströme, Eisberge“ von Hans Blumenberg. Darin geht es um den metaphorischen Gebrauch der im Titel genannten „Begriffe“ in Literatur, Wissenschaft, Journalismus und wo Blumenberg sie sonst noch vorgefunden hat. Ich kämpfe mich gerade durch das Kapitel über die Quellen-Metapher und wie man sich (fast) denken kann wimmelt es darin von Namen und Querverweisen.

Nun zum eigentlichen Grund dieses Blogeintrags: @DerEgregant hat jetzt auch einen Blog (Hier Klicken!) und wie es der Zufall will, hat Blumenberg auch die von Egregantius zitierte Heidegger-Stelle kommentiert. Das will ich Euch dann natürlich nicht vorenthalten müssen:

Heidegger hat 1950 im Vorspruch zu seinen »Holzwegen« diesen Titel folgendermaßen erläutert: „Holz lautet ein alter Name für Wald. Im Holz sind Wege, die meist verwachsen jäh im Unbegangenen aufhören. Sie heißen Holzwege…“ Schon Schelling hatte es in der Einundzwanzigsten Vorlesung seiner »Philosophie der Mythologie« nötig gefunden, die Verwendung der Redensart, man befinde sich mit einer unvermeidlichen Unbestimmtheit auf dem Holzweg, anmerkungsweise mit der Worterklärung aus dem »Adelung« zu erläutern: „Holzweg, ein Weg, der in einem Wald von Holzfuhren gemacht worden und an keinen bestimmten Ort geht.“ (I 496 A.) Die profan-naturnützerische Ursache für die Abruption solcher Wege kann allerdings Heidegger nicht sehen lassen. Aus Gründen, wie sich zeigt. Denn die Überraschung für den Metaphorologen ist, daß Heideggers Holzwege zu den Quellen führen. Wir verdanken diese Aufklärung den Mitteilungen, die Carl Friedrich von Weizsäcker von »Begegnungen in vier Jahrzehnten« gemacht hat. (In: Erinnerung an Martin Heidegger, ed. Günther Neske, Pfullingen 1977, 242) Auf den längeren Spaziergängen bei Besuchen in Todtnauberg habe ihn Heidegger auf einen Waldweg geführt, der abnahm und mitten im Wald an einer Stelle aufhörte, wo auf dem dichten Moos Wasser austrat. „Ich sagte: >Der Weg hört auf.< Er sah mich pfiffig an und sagte: >Das ist der Holzweg, er führt zu den Quellen. Das habe ich freilich nicht in das Buch geschrieben.<“ Mancher, der dies liest, wird sich sagen: Das hätte ich mir denken können.

Hans Blumenberg: Quellen, Ströme, Eisberge, Berlin 2012, S. 24 f.

(Die Anführungsstriche sind von mir zur deutlicheren Kennzeichnung der Zitate hinzugefügt worden.)

– Ich kann mich natürlich nicht für den leicht schnippischen Ton Blumenbergs entschuldigen und also nur hinzufügen, dass ich es mit der Aufnahme dieses Zitats in keinsterweise so meine. Vielmehr freue ich mich, bald mehr von Egregantius in seinem Blog lesen zu dürfen!

Ein kleines Husserl-Porträt

by Phil Eulenspiegel

Wenn man sich darauf einlassen kann, findet man in der Philosophie unzählige interessante Versuche die Wissenschaft an das erkennende Subjekt zurück binden zu wollen. In der jüngeren Philosophie steht die Phänomenologie wie wohl kaum eine andere geisteswissenschaftliche „Strömung“ für einen solchen Versuch. Man könnte, denke ich, zurecht behaupten, dass dieses Anliegen für Edmund Husserl, dem Begründer der Phänomenologie, der zentrale Impetus für seine Arbeiten war.

Wenn man den Namen Husserl nennt, fällt er wohl meistens in Zusammenhang mit Heidegger, dem laut Hannah Arendtheimlichen König“ der Philosophen. – Ich bezweifele, dass ihm dieser Titel gebührt, aber darum soll es hier nicht gehen. Husserls Bekanntheit hängt – wohl zum größten Teil – von der Bekanntheit Heideggers ab; denn Husserl war für Heidegger eine Art Mentor.

Diese beiden Denker eint, dass ihre Texte nicht sehr leicht zugänglich geschrieben sind, was damals wie heute (und besonders in Bezug auf Heidegger) zu mancherlei Spott und Parodien über die eigenartigen Ausdrucksweisen führte, die sie prägten. Ebenfalls gemein war ihnen der Anspruch die Philosophie gerade durch ihre Methoden des Denkens auf neue Bahnen zu bringen. – Ob ihnen das gelang, soll wiederum auf einem anderen Blatt stehen.

Zur Vorgeschichte: Während die Philosophie nach dem Auftritt von Geistern wie Kant und Hegel noch etwas benommen von deren Schlagkräftigkeit danieder lag, feierten die empirischen Wissenschaften weitere große und ehrenwerte Erfolge. Zu diesen Erfolgen gehören auch die ersten Schritte einer streng auf Empirie ausgerichteten Disziplin, die sich Schritt für Schritt (noch) unter der „Schirmherrschaft“ der Philosophie einen Namen machte: Die Psychologie.

Zu Zeiten Kants war es noch schwer vorstellbar, dass die Psyche selbst mithilfe quantifizierender Methoden zu einem Untersuchungsgegenstand werden könne. Die Psychologie zeigte nun aber, dass das durchaus möglich war. Bestimmt nicht zuletzt in Reaktion auf diese neue wissenschaftliche Disziplin machte Wilhelm Dilthey schließlich die Unterscheidung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften hoffähig.

In diesen Zusammenhang gehört auch der Ansatz der husserlschen Philosophie. Sie ist entscheidend geprägt durch die Abgrenzung gegen den „Psychologismus“, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts – kurz gesagt – so weit geht zu behaupten, dass Logik mithin die Mathematik aus den Tätigkeiten der Psyche entspringen. Die Psychologie wäre damit als einzige Wissenschaft, die diese Vorgänge objektiv beschreiben könne, die Grundlagenwissenschaft schlechthin.

Der daraus folgenden Forderung, dass die Logik sich der Psychologie subordinieren müsse, begegnet Husserl in seinen „logischen Untersuchungen“. Sein Hauptargument dagegen ist sinngemäß: Die Psychologie könne nicht der Logik übergeordnet sein, weil sie die Gültigkeit der Logik für die Rechtfertigung ihrer Erkenntnisse immer schon voraussetzen müsse. – Wenn nämlich die Methode der Psychologie die Quantifizierung für ihre Erklärungsmodelle benötige, könne sie die psychischen Leistungen der Quantifizierung nicht auch wieder mittels Quantifizierung erklären wollen.

Schon in den Logischen Untersuchungen schält sich die Richtung heraus, in die Husserls Philosophie dann gehen wird. Die leitenden Fragestellungen sind dabei zunächst: Wie kommen wir überhaupt zur Logik und auf welchem „Fundament“ könne man sie eigentlich „aufbauen“?

Husserls Ausgangspunkt, um diese Fragen zu beantworten, ist der ständige Bezug auf die Leistungen des Bewußtseins. Jene Instanz also, auf die wir uns im alltäglichen Leben immer schon beziehen müssen, wenn wir etwas als tatsächlich existierend oder real wahrnehmen. Dazu gehört ganz entschieden auch das, was man gemeinhin als erträumt, phantasiert, eingebildet oder erhofft etc. bezeichnet.

Die minutiöse Beschreibung von Bewußtseinsinhalten und -prozessen kennzeichnet also seine Philosophie. Dabei bevorzugt er bewusst den Weg des sprachlichen Ausdrucks, weil er sich – selbst aus der Mathematik kommend – darüber im Klaren ist, dass gerade auch mathematische Konventionen manchmal verdecken könnten, worum es ihm geht. [(Ein kleines Beispiel dazu, das mein Professor oft vorgebracht hat: Man frage sich einmal, warum 5 + 5 = 10 sein müsse. – Ist es nicht auch möglich und vielleicht sogar „logischer“ zu sagen: 5 + 5 = 2?) – Wen diese Art von Fragen besonders interessieren sollte: Ein Link zu Husserls Schrift „Philosophie der Arithmetik“]

Husserl bringt mit seiner Philosophie den Mut auf die methodischen Konventionen in der Wissenschaft nicht einfach als gegebene  „Werkzeuge“  zur Erklärung der Welt hinzunehmen; ihn beschäftigen vielmehr die stillschweigenden Bedingungen, die vor dem Gebrauch des  „Werkzeugs“  stehen. Kurzum: Warum es so funktionieren soll, wie es funktionieren soll.